Montag, 22. November 2010

Straftäter nach Hause schicken: Ausschaffungsinitiative oder Gegenvorschlag?

Am 28. Nov 2010 hat das schweizer Stimmvolk die Gelegenheit, nach aussen seine Haltung gegenüber Kriminaltouristen zu demonstrieren. Die Ausschaffungsinitiative fordert, dass bestimmte schwerwiegende Straftaten künftig mit einer Ausschaffung und einem anschliessenden Einreiseverbot geahndet werden. Die Grundidee zielt darauf, die Schweiz für aufrichtige Menschen attraktiver zu machen, indem Gewalttätern keinen Raum mehr geboten wird.

Die Argumente für die Initiative sind stark: Provokationen, Pöbeleien sowie Diebstähle gehören vor Allem in Städten und Agglomerationsgemeinden fast zur Tagesordnung. Drogendealer und Schlägereien prägen das städtische Nachtleben. Einbrüche, Mord und Brandstiftung finden in der Realität fast spielfilmtauglich statt. Kurz gesagt: Die Jugend erntet heute das Schlamassel, welches diese scheinpazifistische Nachkriegsgeneration uns eingebrockt hat. Soll es etwa Staatsraison sein, jeden Schurken dulden zu müssen? Die vorgeschlagene Ausschaffungsinitiative soll diesem Sachverhalt klare Grenzen setzen.

Andererseits ist es fragwürdig, die Ausschaffungskriterien nur auf eine Liste von Straftatent anstatt auf die Schwere jeder beliebigen Straftat zu stützen. Um diesbezüglich eine Alternative zu bieten, hat der Nationalrat einen Gegenvorschlag ausgearbeitet, in dem sich das Ausschaffungskriterium darauf bezieht, ob man für die Tat eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis kriegt oder nicht.



Ideen der Initiative und Gegenvorschlag:
Initiative : Es soll eine Liste bestimmter Straftaten geben. Wer diese begeht, soll ausgeschafft und einer erneuten Einreise verweigert werden.
Gegenvorschlag: Jede Art von Straftat könnte zur Ausschaffung führen, es kommt nur auf die Schwere an. Eine Tat, die jedenfalls mit einer gesetzlichen Mindeststrafe von einem Jahr oder einer total verurteilten Strafe von 2 Jahren Gefängnis bestraft wird, wird als Ausschaffungskriterium gewertet.

Auf den ersten Blick wirken beide Vorschläge so, als würden sie Opferschutz dem Täterschutz vorziehen. Wenn man aber einige Sachverhalte juristisch hinterfragt, kristallisiert sich heraus, welcher von diesen Vorschläge der Zweckmässigere ist.

Bsp.1: Der 12- jährige Südostländer verprügelt ein anderes Schulkind und zwingt ihn, am nächsten Tag CHF 100.-- mitzubringen. Sachverhalt: Erpressung unter Gewaltausübung, vorsätzlich begangene und geplante Straftat. Konsequenzen heute: Nichts. Manche Minderjährige kennen ihre Gesetzesschlupflöcher. Konsequenzen gem. Gegenvorschlag: Nichts. Minderjährige kriegen keine Gefängnisstrafe und werden daher nicht ausgeschafft. Konsequenz gem. Initiative: Ausschaffung.

Bsp.2: "Sans-Papier" stiehlt in einem Warenhaus Lebensmittel. Sachverhalt: Diebstahl durch Person, die aufgrund ihrer Existenznot unzurechnungsfähig ist. Konsequenz heute: Anzeige, mögliches Betreibungsbegehren- wahrscheilich ohne Erfolg. Konsequenz Gegenvorschlag: nichts anderes. Konsequenz Initiative: Auch nichts anderes. Es liegt keine besoders perfide, schwere oder mit tiefem Beweggrund begangene Straftat vor.

Bsp.3: Deutscher Wissenschaftler, der sich mit historischen Ereignissen aus dem 2. Weltkrieg befasst und einen Bericht schreibt, der vielen Politikern nicht in den Kram passt. Verurteilung zu 26 Monaten Gefängnis wegen Gedankenverbrechens (Holocaustverleugnung, Anzweifeln historischer Tatsachen). Konsequenz gem. Gegenvorschlag: Einreiseverbot; Er wurde zu 2 Jahren und 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Konsequenz gem. Initiative: Nichts passiert, solange der Punkt "Gedankenverbrechen" nicht auf der Ausschaffungsstraftatenliste steht.

Beachtet man z.B. den Fall Boris Becker, der wegen seinen Steuergeschichten beinahe eine mehrjährige Gefängnisstrafe erhalten hätte, dürfte es offensichtlich sein, dass dieser Gegenvorschlag mit grosser Wahrscheinlichkeit die falschan trifft. Friedliche Wissenschaftler und Steuersünder könnten durch den Gegenvorschlag stärker bestraft werden als Gewalttäter. Sicher lässt die Ausschaffungsinitiative einiges zu wünschen übrig, jedoch vertritt sie rechtsstaatliche Grundsätze besser als der Gegenvorschlag.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen